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Fallbeispiel Medikationsanalyse: Lösung Teil 1

„Einfache“ Medikationsanalyse am Fallbeispiel / Der Lösung 1. Teil

Analyse Lupe © fotomek | stock.adobe.com(Den Fall und den Beginn der Diskussion finden Sie hier.)
Volum: Hallo Rena, ich habe schon ein bisschen was herausgefunden, und du?
Clear: Hallo Distrib, ja, ich auch. Das war echt eine gute Idee, zu diesem Fall mal die Kollegen zu fragen. Da sind gute Ideen zusammengekommen, finde ich.
Volum: Auf jeden Fall! Dann setzen wir das Puzzle doch mal zusammen. Ich hatte als Erstes mal die Arzneimittel möglichen Indikationen zugeordnet. Und zwar so:
Diabetes Typ 2 ist schon mal sicher wegen Metformin und Pioglitazon. Schmerzen auch, wegen des Opioids und Paracetamol. Eine kardiologische Erkrankung besteht auch, wegen Amlodipin, Lisinopril und ASS 100. Dann gibt es da noch eine Ulkus– oder Refluxtherapie mit Omeprazol und Sucralfat sowie Obstipationstherapie mit Senna. Omeprazol ist recht hoch dosiert, was möglichst auf einen 8-Wochen-Zeitraum begrenzt sein soll. Unsicher bin ich mir mit dem Antikonvulsivumm Valproinsäure und dem Antidepressivum Paroxetin. Das könnte doch sicher in Kombination mit den Analgetika auch irgendein spezifisches Krankheitsbild sein, oder?
Clear: Ja, da hat Kollegin Barbara doch auf die Fibromyalgie getippt. Das könnte passen, wenn das erstempfohlene, aber anticholinerge Amitriptylin wegen des Alters der Patientin durch Paroxetin ersetzt wurde. Duloxetin hätte als SNRI allerdings die bessere Evidenz und analgetische Wirkung. Und als Antikonvulsivum würde man eher Gabapentin oder Pregabalin erwarten, zudem haben Opioide eine starke Negativ-Empfehlung bei Fibromyalgie [1,2]. Trigeminusneuralgie wäre eine andere Möglichkeit, aber auch da würde man zuerst andere Wirkstoffe erwarten, z.B. Carbamazepin statt Valproinsäure [3]. Da müssen wir uns mit Alternativvorschlägen erstmal zurückhalten.
Volum: Die monatliche Gabe von Vit B12 könnte wegen des PPI oder Metformin nötig sein. Vielleicht sind die aber unverzichtbar bzw. haben trotz des nachfolgenden Vitaminmangels mehr Nutzen als Risiken.
Clear: Dazu kommt noch, dass Valproinsäure einen Folatmangel hervorrufen kann. Darum hat Kollege Werner Recht mit seinem Hinweis, auf Anzeichen einer Anämie zu achten. Im Blutbild würde die sich mit makrozytären, hyperchromen Erythrozyten zeigen, also wäre MCH hoch.
Volum: Können wir denn was über die kardiologische Erkrankung sagen? Hypertonie, Herzinsuffizienz und eine Primär- oder Sekundärprävention von Thromboembolien mit ASS kamen als Vorschläge aus dem Kollegenkreis.
Clear: Tja, so ganz sicher können wir da nicht sein. Nehmen wir mal an, die Verordnungen wären streng nach Leitlinie, könnte es ‚einfach‘ eine Hypertonie sein, dafür ist die Kombination ACE-Hemmer + Calciumkanalblocker bei Diabetes gerne genommen. Amlodipin und andere Calciumkanalblocker sind bei Herzinsuffizienz jedenfalls nur mit Vorsicht einzusetzen, weil sie bei einer Dekompensation lt. Fachinfo die Mortalität erhöhen.
Dann ist da noch das ASS 100. Die Evidenz in der Primärprävention bei Diabetes mellitus ist nicht eindeutig, und angesichts der Ulkuserkrankung (und des SSRI, der das Blutungsrisiko zusätzlich erhöht), sollten wir eher von einer Sekundärprävention bzw. hohem kardiovaskulärem Risiko ausgehen, die das Blutungsrisiko rechtfertigen [4]. Für am wahrscheinlichsten halte ich eine Koronarerkrankung, die die ASS begründet. Dann allerdings sollte auch über ein Statin nachgedacht werden [4].
Volum: Herzinsuffizienz ja oder nein wäre für uns ja schon wichtig zu wissen, weil Pioglitazon bei Herzinsuffizienz nicht gegeben werden sollte und das Laktatazidoserisiko von Metformin dann erhöht ist.
Clear: Das stimmt. Du, ich muss jetzt los. Machen wir morgen weiter? Auf alle Fälle haben wir ja schon mal ein Bild von den Erkrankungen der Patientin: Diabetes, Hypertonie, evtl. KHK, Ulkus / Reflux, Schmerzsyndrom und Obstipation.
Volum: Alles klar, dann bis morgen!

Quellen

[1] Leitlinie „Fibromyalgiesyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie“, 2012
[2] J Ablin et al.: Treatment of Fibromyalgia Syndrome: Recommendations of Recent Evidence-Based Interdisciplinary Guidelines with Special Emphasis on Complementary and Alternative Therapies. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine 2013, Article ID 485272
[3] S1-Leitlinie Trigeminusneuralgie 2012
[4] ESC Guidelines on diabetes, pre-diabetes, and cardiovascular diseases, 2013

Bild: © fotomek / Fotolia.com

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