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Fallbeispiel „Herzglykosid“: Lösung

Hier ist die Auflösung des Fallbeispiels „Herzglykosid“:

© contrastwerkstatt | stock.adobe.comZunächst mal fallen die möglichen Interaktionen ins Auge: Der Acetyldigoxin-Spiegel wird p-Glykoprotein-vermittelt durch Verapamil, seine Wirksamkeit/Toxizität über Furosemid (via Hypokaliämie) und Pantoprazol (via Hypomagnesiämie) gesteigert. Die Hypokaliämie kann durch die mineralcorticoide Wirkung von Prednisolon weiter verstärkt werden.

Außerdem gibt es gegensätzliche Effekte auf das Phenprocoumon: Verapamil erhöht den Plasmaspiegel (via Cyp 1A2 und 3A4), Prednisolon senkt ihn (via Cyp 3A4), erhöht die Gerinnungsfähigkeit des Blutes und setzt die Gefäßstabilität herab. Der Nettoeffekt auf das Blutungs- und Thromboserisiko ist kaum abzuschätzen und auch nicht allein aus dem INR-Wert ableitbar.

Verapamil steigert darüber hinaus den Prednisolonspiegel (via Cyp 3A4 und p-Glykoprotein), und sein eigener Plasmaspiegel wird durch Prednisolon gesenkt (via Cyp 3A4) und durch Digoxin erhöht (via p-Glykoprotein).

Abgesehen von Interaktionen ist die Herzglykosiddosierung (Novodigal enthält 0,2mg Acetyldigoxin, Normdosis ist 1-1,5 Tbl. pro Tag) angesichts einer mutmaßlichen Niereninsuffizienz (erkennbar am Furosemid) vermutlich zu hoch. Zur Verbesserung der Compliance könnte ein retardiertes Verapamilpräparat eingesetzt werden, das statt dreimal nur zweimal täglich genommen werden muss.

In diesem Fall könnte man davon ausgehen, dass…

  1. der Arzt im Entlassungsbrief sicherlich über eventuell noch vorzunehmende Untersuchungen und „Feinjustierungen“ unterrichtet wurde.
  2. das Ganze minderdramatisch ist, weil ja nur Überwachung / Anpassung als Kategorie angegeben ist.
  3. die im Krankenhaus sicher schon alles korrekt überwacht und eingestellt haben.

In Wirklichkeit verstärken sich hier ja Wechselwirkungen zu einem insgesamt doch vielleicht sehr deutlichen Effekt auf den Blutspiegel und die Wirkung der Herzglykoside. Und dann auch noch mit einem verzögerten Effekt von Verapamil auf das Acetyldigoxin, der sich innerhalb von 2 Wochen noch entwickeln kann.

Der Arzt war über einen telefonischen Hinweis sehr dankbar, offensichtlich war er von Krankenhaus bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht informiert worden.

Der Fall ist also komplizierter als er auf den ersten Blick aussieht.

von Carola Schmidt, Hannover – danke dafür!

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