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Clopidogrel + PPI = vermutlich unkritisch

pille © A. Hartung | stock.adobe.comProtonenpumpenhemmer (PPI) werden gern zum Schutz vor gastrointestinalen Blutungen verordnet, vor allem auch in Kombination mit der dualen Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS und Clopidogrel. Weil Clopidogrel als Prodrug erst durch CYP 2C19 aktiviert werden muss, bevor es seine Wirkung entfalten kann, PPI dieses Enzym aber hemmen, sind zahlreiche Studien verschiedenster Art unternommen worden, um festzustellen, ob diese Interaktion klinisch relevant ist.

Die Ergebnisse: widersprüchlich – klare Empfehlungen für die Klinik nicht abzuleiten.

Nun bestätigt eine neue Meta-Analyse [1], dass die Widersprüche einem bestimmten Muster folgen: Während Beobachtungsstudien ohne Randomisierung ein klinisch relevantes Risiko postulierten, zeigten prospektive, randomisierte und kontrollierte Studien keine negative Auswirkung der Kombination.

Unterschiedliche Studientypen, unterschiedliche Aussagekraft

Randomisierung und Kontrollgruppen in prospektiven Studien dienen dazu, den Effekt einer zu untersuchenden Intervention (hier die Kombination aus Clopidogrel und PPI) von verzerrenden Einflüssen zu befreien, wie sie z.B. in Beobachtungsstudien auftreten, wenn die Patienten mit hohem Risiko vorsichtshalber noch ein PPI zusätzlich verordnet bekommen. Durch einen solchen systematischen Unterschied zwischen den verglichenen Patienten kann es so aussehen, als sei der PPI für häufigere kardiovaskuläre Vorfälle verantwortlich, während die Ursache hierfür in Wahrheit bei dem erhöhten Risiko zu suchen ist.

Fazit

Insofern ist den Ergebnissen der prospektiven, randomisierten und kontrollierten Studien grundsätzlich mehr Glauben zu schenken als unkontrollierten Beobachtungsstudien. Das heißt in dieser Fragestellung, dass die Kombination aus Clopidogrel und PPI kein klinisch relevante Interaktion zeigt und sicher eingesetzt werden kann – zumal das gastrointestinale Blutungsrisiko auf diese Weise gesenkt wird. In diesem Punkt sind sich die Studien einig.
Natürlich kann man pragmatisch Pantoprazol als PPI auswählen, das die geringste Hemmwirkung auf CYP 2C19 zeigt, aber zwingend ist diese Einschränkung nach aktueller Datenlage nicht mehr.

Quelle:

RN Cardoso et al.: Incidence of cardiovascular events and gastrointestinal bleeding in patients receiving clopidogrel with and without proton pump inhibitors: an updated meta-analysis. OpenHeart 2015;2:e000248. doi: 10.1136/openhrt-2015-000248

3 Gedanken zu „Clopidogrel + PPI = vermutlich unkritisch“

  1. Pingback: Newsletter Nr. 04/2015 | Campus Pharmazie

  2. Frage: Überschauen die nicht randomisierten Beobachtungsstudien nicht einen größeren Zeitraum als die randomisierten prospektiven Studien? Könnte es nicht doch sein, dass der Interaktionseffekt durch die längere Beobachtungsdauer schärfer herauskommt, als in den kürzeren prospektiven Studien?

    1. Danke für die Nachfrage, Thomas.
      Die in der zitierten systematischen Übersicht ausgewerteten nicht-randomisierten Studien hatten zwar z.T. längere Laufzeiten als die randomisierten (RCT), jedoch mussten die einzelnen Studien alle mindestens 6 Monate gedauert haben, um in die Auswertung aufgenommen zu werden. Das sollte lang genug sein, dass sich eine Interaktion auch in den RCTs hätte zeigen können.
      Die wahrscheinlichere Erklärung ist die, dass die in den nicht-randomisierten Studien verglichenen Gruppen sich in ihrem kardiovaskulären Risiko systematisch unterschieden haben. Nehmen wir als Beispiel mal diejenige unter den ausgewerteten non-RCTs mit der längsten Laufzeit: Valkhoff et al. „Risk of recurrent myocardial infarction with the concomitant use of clopidogrel and proton pump inhibitors„: In der Tabelle 1 sind die so genannten baseline characteristics angegeben, also die Merkmale der Patienten bei Studienbeginn. Der Vergleich zwischen ‚PPI users‘ und ’non PPI users‘ zeigt, dass die Patienten mit PPI im Schnitt 2 Jahre älter waren, doppelt so viele Verordnungen erhielten und durchweg häufiger Co-Morbiditäten hatten (sowohl kardiovaskuläre als auch Krebs und Nierenversagen – GIT-Ulkus sowieso). Das heißt, dass die ‚PPI users‘ schon am Ausgangspunkt ein systematisch höheres Risiko hatten als die ’non PPI user‘. Sie lassen darum nicht den Schluss zu, dass der PPI Schuld am schlechteren Outcome sei. Bei RCTs sorgt die Randomisierung dafür, dass solche systematisch unterschiedlichen Ausgangslagen der Vergleichsgruppen vermieden werden.
      Klarer geworden?
      Gruß,
      Dorothee

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