Kollegial grüßen durch die fallenden Blätter:
Dr. Dorothee Dartsch (Klinische Pharmazie)
Jasmin Hamadeh (Mediendidaktik und Lernorganisation)
Kollegial grüßen durch die fallenden Blätter:
Dr. Dorothee Dartsch (Klinische Pharmazie)
Jasmin Hamadeh (Mediendidaktik und Lernorganisation)
Immer mal wieder widmen sich Studien und systematische Auswertungen einer Überprüfung der Wirksamkeit von Therapien.
So geschehen auch in einer aktuellen Übersichtsarbeit [1], die der Frage nachgeht, ob die gezielte Aufnahme von Calcium (über die Nahrung oder Nahrungsergänzungsmittel, mit und ohne Vitamin D) bei Menschen über 50 Jahren das ohne weitere Maßnahmen bestehende Risiko für Knochenbrüche senkt. Dabei waren Studien mit Patienten, die außer Osteoporose gravierende chronische Erkrankungen hatten, ausgeschlossen, es ging also um weitgehend gesunde Menschen.
Die Autoren kommen zu den folgenden Ergebnissen:
In zwei randomisierten kontrollierten und 44 Kohortenstudien zum gezielten Konsum calciumreicher Nahrungsmittel zeigte sich insgesamt keine Assoziation mit der Häufigkeit von Knochenbrüchen. Ein solcher intensivierter Verzehr calciumreicher Lebensmittel hat demzufolge kein Wirkung.
In 26 randomisierten kontrollierten Studien zur Auswirkung von Calcium-Supplementen (mit und ohne Vitamin D, Calciumdosis mehrheitlich >1000mg/d) auf das Frakturrisiko wurde eine leichte Abnahme der Häufigkeit von Frakturen insgesamt sowie speziell von Wirbelsäulenfrakturen gefunden, während es keinen Einfluss auf Hüft- oder Armfrakturen gab. Die positive Wirkung auf das Frakturrisiko zeigte sich jedoch v.a. in Studien, deren Design nach Analyse der Autoren kaum Maßnahmen gegen Verzerrung (Bias) der Ergebnisse hatte, während solche Studien, die methodisch besser gegen Verzerrungen gewappnet waren, allenfalls per Trend einen geringfügigen Nutzen aufwiesen, die statistische Signifikanz fehlte jedoch.
Insgesamt muss dieser Studie nach der Nutzen einer Calcium-Substitution bei weitgehend gesunden älteren Menschen als allenfalls gering eingestuft werden.
MJ Bolland et al.: Calcium intake and risk of fracture: systematic review. BMJ 2015;351:h4580
Um welche Pflanze handelt es sich?
Mit kollegialen Grüßen
in den beginnenden Frühling
Prof. Dr. Dorothee Dartsch (Klinische Pharmazie)
Jasmin Hamadeh (Mediendidaktik und Lernorganisation)
Auflösung: Frühlingsfoto: Das Bild zeigt 2) Leucojum vernum – auch „Frühlingsknotenblume“ oder „Märzbecher“ genannt.
(1) Li K et al., Heart (2012) 98(12):920-5
(2) Meador KJ, et al. Lancet Neurol (2013) published online 23.01.13.
Der Zugriff auf vollständige, aktuelle und richtige Patientendaten, der für eine umfassende Therapiebeurteilung essentiell ist, ist nicht nur für uns Apotheker, sondern auch für Ärzte ein Problem:
In einer aktuellen Studie der Universitäten Bremen, Hannover und Göttingen1 hat sich herausgestellt, dass bei niedergelassenen Ärzten insbesondere die Daten zur Medikation oft lückenhaft sind. In der Studie wurden die in den Arztpraxen vorliegenden Akten von 210 älteren Patienten, die mehr als vier Arzneimittel einnahmen, mit den Angaben der Patienten selbst zu ihrer aktuellen Medikation verglichen und Diskrepanzen anschließend im Gespräch mit dem jeweiligen Arzt verifiziert.
Bei 41% der Patienten fehlte in der Patientenakte mindestens ein Arzneimittel, im Schnitt waren es 2 Stück (± 1,2; Spannweite 1-6). Am häufigsten waren es Magnesium-Präparate, die fehlten, was vermutlich selten kritisch ist. Auf den nächsten Plätzen folgten dann aber Thrombozyten-Aggregationshemmer, Statine, Protonenpumpenhemmer und Calcium – Arzneimittel, bei denen in punkto Interaktionen und unerwünschte Wirkungen die Warnlampen blinken sollten!
Die häufigsten Gründe für die Datenlücken waren in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit
Möglicherweise ist die Erstellung vollständiger, aktueller und richtiger Patientendaten kein Unterfangen, das eine Berufsgruppe allein bewältigen kann, sondern die Kommunikation von Arzt und Apotheker erfordert. Für beide Seiten könnte das das Leben einfacher und die Therapie für die Patienten sicherer machen!
1 G Schmiemann et al., Differences between patient medication records held by general practitioners and the drugs actually consumed by the patients. Int J Clin Pharmacol Ther 2012, 50(8):614-7
[Prof. Dr. Dorothee Dartsch]