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Pharmakodynamische Interaktionen mit Antidiabetika

© A. Hartung | stock.adobe.comIm Beitrag Deprescribing von Antidiabetika ging es um die Anpassung einer antidiabetischen Therapie an die veränderten Gegebenheiten im Alter. Dabei kamen auch pharmakodynamische Interaktionen mit Antidiabetika zur Sprache, die hier noch einmal genauer beleuchtet werden sollen.
Pharmakodynamische Interaktionen steigern oder reduzieren die Wirkung eines Arzneimittels, ohne dabei dessen Plasmaspiegel zu verändern. Was sich verändert, ist statt dessen die Empfindlichkeit des Organismus für diese Wirkung. Also muss die Dosis des betreffenden Arzneimittels so angepasst werden, dass sie der veränderten Empfindlichkeit Rechnung trägt.
Gleiches gilt – und das wird bei der Verordnung gern vergessen – wenn ein interagierendes Arzneimittel abgesetzt wird. Da die Empfindlichkeit des System sich dann in die entgegengesetzte Richtung verschiebt, ist eine erneute Dosisanpassung, diesmal in die andere Richtung, nötig.
Pharmakodynamische Interaktionen mit Antidiabetika entstehen dadurch, dass Wirkstoffe anderer Indikationen eine den Blutzucker erhöhende oder senkende Wirkung (in diesem Fall Nebenwirkung) haben. Wenn Sie sich nun fragen, welche Wirkstoffe das sind, ist die Internetseite SIDER eine gute Hilfe, denn in dieser steitg wachsenden Datenbank des EMBL in Heidelberg [1] können Sie eine Nebenwirkung eingeben und erhalten eine Liste von Wirkstoffen, die nach aktueller Datenlage diese Nebenwirkung hervorrufen können.
Für „Glucose increased“ erhalten wir diese Liste:

  • Cancidas (Caspofungin)
  • Triptorelin
  • Zyprexa (Olanzapin)
  • (Cefditoren – in D aktuell nicht auf dem Markt)
  • Ertapenem: 1.2% – 2%
  • Everolimus: 1% – 57%
  • Febuxostat
  • Indinavir: 0% – 0.9%
  • Leuprorelinacetat
  • Mitoxantron 5% – 10%
  • Olanzapine
  • Pantoprazol
  • Pazopanib: 0% – 45%
  • Ponatinib: 0% – 58%
  • Propafenon: postmarketing
  • Quetiapin
  • Sunitinib: 1% – 2%
  • Temsirolimus
  • Vandetanib

Wo die Häufigkeit bekannt ist, mit der Glucose-erhöhende Nebenwirkung eintritt, sind Prozentangaben vorhanden.
SIDER ist, wie gesagt, eine gute, aber leider noch keine vollkommene Hilfe: Das Fehlen eines Wirkstoffs in der Liste garantiert nicht, dass dieser in Bezug auf die fragliche Nebenwirkung sicher ist. So sind auch Thiazide, manche Betablocker, manche Statine, Fluorchinolone, Proteasehemmer, nulleosidische Reverse Transkriptase-Inhibitoren, Phenytoin, Valproat, Betamimetika, Theophyllin, Steroide und Estrogene zu den Wirkstoffen mit Glucose-steigernder Nebenwirkung zu rechnen [2]. In der Regel ist die Wirkung dosisabhängig, und bei manchen dieser Wirkstoffe tritt die Nebenwirkung auf die Serumglucose erst bei hoher Dosis ein [2].
Wird einer dieser Wirkstoffe zusätzlich zu einer antidiabetischen Therapie angesetzt, kann es nötig sein, die Dosis des Antidiabetikums zu erhöhen, um den steigenden Glucosewerten zu begegnen. Wird ein solcher Wirkstoff wieder abgesetzt, muss das Antidiabetikum u.U. niedriger dosiert werden, damit es nicht zur Hypoglykämie kommt.
Für „Glucose decreased“ erhalten wir diese Liste:

  • Pazopanib: 0% – 17%
  • Ponatinib: 0% – 24%
  • Sunitinib: 2%
  • Vandetanib

Die oralen Onkologika können den Blutzucker offensichtlich in beide Richtungen verschieben. Zu den Glucose-senkenden Wirkstoffen sind außerdem ACE-Hemmer und Alphablocker zu rechnen [3]. Hier ist der Beginn der Therapie mit einer Abnahme der Serumglucose verbunden, so dass die Dosis von Antidiabetika u.U. verringert werden muss, damit es nicht zur Hypoglykämie kommt. Beim Absetzen dieser Wirkstoffe kann es zum Anstieg der Serumglucose kommen, so dass die antidiabetische Therapie evtl. intensiviert werden muss.

Quellen

[1] M Kuhn et al., The SIDER database of drugs and side effects. Nucleic Acids Res. 2016; 44(D1):D1075-9
[2] N Fathallah et al., Drug-Induced Hyperglycaemia and Diabetes. Drug Saf. 2015 Dec;38(12):1153-68
[3] JC Chan et al., Drug-induced disorders of glucose metabolism. Mechanisms and management. Drug Saf. 1996;15(2):135-57
Bildnachweis: © Pixel / Fotolia.com

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