© rdnzl | stock.adobe.comWer knackt die Nuss?
Frau T., 82, soll nach einem Schlaganfall, der zu halbseitiger Lähmung und Schluckstörung geführt hat, zur Sekundärprophylaxe mit Edoxaban behandelt werden.
Sie nimmt wegen Vorhofflimmern und Hypertonie Metoprololsuccinat ein, ferner zur allgemeinen Osteoporoseprophylaxe Colecalciferol. Beides wird suspendiert per Nasogastralsonde gegeben.
Abgesehen von den Schlaganfall-Folgen ist Frau T. für ihr Alter rüstig, eher zierlich (56kg, 162cm), ihre Nierenfunktion entspricht ihrer Altersnorm.
Fragen
- Welche Dosierung ist für das Edoxaban passend – und warum?
- Kann Edoxaban ebenfalls über die Sonde gegeben werden?
Antworten
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Hallo,
dann will ich mal die Antwort versuchen…..
Dosierung: 2 x tgl. 2,5 mg Edoxaban. Dies ist eine Dosisreduktion, weil mindestens zwei der folgenden Kriterien zutreffen. Alter > 80 (ich kann kein größer-gleich Zeichen auf der Tastatur 🙁 , Körpergewicht 1,5 mg/dl (größer-gleich). Krierium 1 und 2 treffen bei der Patientin zu!
2. Laut Aussage der Spitalpharmazie Basel (https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&ved=0ahUKEwivk42486nZAhXQ_qQKHRH_D0cQFgguMAA&url=http%3A%2F%2Fwww.spitalpharmazie-basel.ch%2Fpdf%2FZermoerserbarkeit_Tabletten.pdf&usg=AOvVaw1sluhjzxA4K3JTiIy4dMzY) kann man Eliquis zermörsern und suspendieren. Ich würde deshalb davon ausgehen, dass das Arzneimittel auch über eine Ernährungssonde nach den allgemeinen Regeln einer Sondengabe verbreichbar ist.
Bei den Kriterien ist etwas verschwunden….
Nach dem Alter muß das Körpergewicht mit kleiner- gleich 60 kg und dann das Serum-Kreatinin größer-gleich 1,5 mg/dl stehen.
Auch hallo,
Frau T. soll mit Edoxaban (Lixiana) behandelt werden. Die angemessene Dosis wäre aufgrund ihres geringen Körpergewichts 30 mg 1x tgl.
Zur Sondengängigkeit habe ich bei Pharmatrix nix gefunden, allerdings soll es nach der „Vergleichstabelle DOAKs“ des Kantonsspitals Aarau möglich sein: https://www.ksa.ch/sites/default/files/cms/spitalpharmazie/docs/doaks_vergleichstabelle-spitalpharmazie-ksa.pdf
Allerdings wüsste ich gern, ob Seiten dieser Art vertrauensvoll nutzbar sind.
Vielen Dank für die Beiträge, Thomas und Ulrike!
Edoxaban = Lixiana, Standarddosis sowohl für die Prävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern als auch für Prävention & Therapie der Venethrombose bzw. Lungenembolie ist 60mg 1x täglich. Hier gibt es mindestens einen, wenn nicht zwei Gründe für eine abweichende Pharmakokinetik, die auch eine abweichende Dosierung erfordern, nämlich a) das geringe Körpergewicht und b) die Nierenfunktion.
Eine „altersgerechte Nierenfunktion“ heißt im Alter von 80-84 nach den Daten der Berliner Initiative Studie dass die GFR etwa bei 60-65ml/min liegt, geschätzt mit der CKD-Epi-Formel basierend auf Cystatin c bzw. Kreatinin [1]. Die Dosierungsempfehlung für Edoxaban basiert jedoch wie für die meisten Wirkstoffe (noch?) auf der Kreatininclearance, also der Berechnung nach Cockcroft & Gault, wofür sich in der genannten Altersklasse ein Wert von 55ml/min ergibt [1]. Das ist schon dicht dran an der in der Fachinfo genannten Grenze von 50ml/min unterhalb derer die Dosis reduziert werden soll. Hier sollte auf jeden Fall nach einem aktuellen Serumkreatininwert gefragt und die Kreatininclearance berechnet werden.
Aber unabhängig davon spricht ja das geringe Körpergewicht der Patientin schon für die Dosisreduktion auf 30mg 1x tägl. Die Frage 1 wäre damit also beantwortet.
Nebenbei: Das von Thomas genannte Eliquis (Apixaban) wird nach ähnlichen Gesichtspunkten dosiert: zur Schlaganfallprophylaxe bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern normalerweise 2x 5mg, im Alter (ab 80), bei geringem Körpergewicht (60kg oder weniger) oder erhöhtem Serumkreatinin (ab 1,5mg/dl) 2x 2,5mg (Achtung, anders als Edoxaban wird Apixaban auch indikationsabhängig unterschiedlich dosiert.)
Die Listen aus Aarau und Basel sind sicher hilfreich für den Frage nach der Sondengabe und sicher sorgfältig erstellt, a) von Fachleuten und b) um diese Angaben so auch „am Patienten“ zu verwenden. Nichtsdestotrotz wissen wir alle, dass der Fehlerteufel auch bei größter Sorgfalt zuschlagen kann. Für den Fall, dass nach der Empfehlung „ja, kann gemörsert und per Sonde gegeben werden“ doch ein unliebsames Ereignis (Blutung oder Embolie) eintritt und Fragen aufwirft, möchte man natürlich eine belastbare Datenbasis zur Hand haben. Da sind zwei Listen mit kongruenter Information sicher schon besser als nur eine, und es gibt sogar auch Originalliteratur dazu:
In einer Open-Label Crossover Studie hatte Edoxaban gemörsert und per Sonde oder zum Schlucken mit Apfelmus gegeben die gleiche Fläche unter der Kurve (AUC), die gleiche Spitzenkonzentration cmax, die gleiche Halbwertszeit und die gleiche Gesamtclearance wie die intakte Tablette [2].
Auch zu Apixaban gibt es eie solche Studie. Dort wurde die gleiche relative Bioverfügbarkeit für die intakte Tablette gefunden wie für die Lösung, zum Schlucken oder per Sonde gegeben. Apixaban sollte bei Sondengabe demnach allerdings nicht zusammen mit Sondennahrung gegeben werden [3]. Dann ist die Bioverfügbarkeit reduziert, Folge könnte ein erhöhtes Thromboembolierisiko sein.
So viel für heute zum Thema „Pharmakokinetik im Alltag“. 🙂
Quellen:
[1] N Ebert et al.: Prevalence of reduced kidney function and albuminuria in older adults: the Berlin Initiative Study. Nephrol Dial Transplant. 2017 Jun 1;32(6):997-1005
[2] K Duchin et al.: An Open-Label Crossover Study of the Pharmacokinetics of the 60-mg Edoxaban Tablet Crushed and Administered Either by a Nasogastric Tube or in Apple Puree in Healthy Adults. Clin Pharmacokinet. 2018;57(2):221-228
[3] Y Song e al.: Relative Bioavailability of Apixaban Solution or Crushed Tablet Formulations Administered by Mouth or Nasogastric Tube in Healthy Subjects. Clin Ther. 2015;37(8):1703-12
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