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Leberfibrose-Scores: hilfreich für die pDL?

© aashh subba | pixabay

Das Vorhandensein und der Schweregrad einer Leberfibrose können wichtige Determinanten für die hepatische Clearance von Arzneimitteln sein. Zur exakten Abklärung stellt die Leberbiopsie den Referenzstandard dar. Dennoch können auch Konstellationen nicht-invasiver serologischer Marker Anhaltspunkte liefern. Sie werden beispielsweise mit dem „Vier-Faktoren-Score“ (FIB-4) oder dem „Forns-Index“ erfasst. Beide wurden allerdings für Patienten entwickelt, die mit viralen Hepatitiden bereits ein bekanntes Risiko für eine eingeschränkte Leberfunktion haben. Ob sie auf Menschen ohne diese Vorerkrankungen übertragbar sind, ist noch nicht geklärt.

Die beiden Tests

FIB-4 [2]: Der FIB-4-Score ist ein nicht-invasiver Test, der die biochemischen Standardwerte (Thrombozyten (THR), Alanin-Aminotransferase (ALT), und Aspartat-Aminotransferase (AST) mit dem Alter kombiniert. Die Formel lautet:

Für den FIB-4-Score wurden in der Originalstudie zwei Cut-off-Werte validiert: ein niedriger Cut-off von 1,45, um eine mindestens schwere Fibrose wahrscheinlich auszuschließen, und ein hoher Cut-off von 3,25, um eine mindestens schwere Fibrose wahrscheinlich zu bestätigen.

Forns-Index [3]: Dieser Index kombiniert die Thrombozyten, Gamma-Glutamyltransferase (GGT), Cholesterol und das Alter. Die Formel lautet:

Die Cut-offs für diesen Test wurden in der ersten Studienphase festgelegt und validiert: ein niedriger Cut-off von 4,2 zum wahrscheinlichen Ausschluss einer mindestens signifikanten Fibrose und ein hoher Cut-off von 6,9 zur wahrscheinlichen Bestätigung einer mindestens signifikanten Fibrose.

Die vergleichende Bewertung

Ein aktueller Cochrane Review [1] hat die diagnostische Genauigkeit beider Instrumente anhand von Studien zur chronischen Hepatitis C vergleichend untersucht. Hier die Ergebnisse:

Sowohl der FIB-4-Score als auch der Forns-Index können für die Erstbeurteilung der Leberfibrose (bei Menschen mit chronischer Hepatitis C) in Betracht gezogen werden.

Liegt der FIB-4-Score unter dem niedrigen Cut-off-Wert von 1,45, hat der Patient wahrscheinlich keine schwere Fibrose oder gar Zirrhose.

Liegt der Forns-Index über dem hohen Cut-off-Wert von 6,9, hat der Patient wahrscheinlich eine mindestens signifikante Fibrose.

Die Anfälligkeit für Verzerrungen in den 62 eingeschlossenen Studien mit insgesamt 100.605 Teilnehmern wurde in dem Review als hoch eingeschätzt. Es ist also durchaus möglich, dass künftige Studien das Ergebnis noch verändern.

Der zitierte Review ging ausschließlich der Frage der prognostischen Validität nach. Ob Dosisanpassungen auf der Grundlage der Scores vorgenommen werden können, ist offen. Dennoch könnte die Verwendung in der Apotheke, z.B. in der Medikationsanalyse oder erweiterten Medikationsberatung, helfen, Patienten zu identifizieren, die eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Lebererkrankung haben.

Bedeutung für die Pharmakokinetik

Um festzustellen, ob für einen Patienten bei Wirkstoffauswahl und Dosierung eine Lebererkrankung berücksichtigt werden muss, stützen wir uns auf dokumentierte Leber- und Gallendiagnosen und Laborparameter. Allerdings gibt es keinen einzelnen Leberparameter, der die Physiologie der Leber, insbesondere die hepatische Metabolisierung, verlässlich anzeigt. Insbesondere die für die Biotransformation relevanten CYP-Enzyme, Glucuronidasen und hepatischen Transporter sind für eine direkte Messung nicht einfach zugänglich. Da die Scores verschiedene Laborparameter, Symptome und Komorbiditäten kombinieren, könnten sie ein verbessertes Tool zur Therapieoptimierung darstellen. In einer weiteren Studie [4] wurden vier Scores im Hinblick auf die Korrelation mit einer therapierelevanten Funktionseinschränkung der Leber untersucht: der MELD (der gut mit dem älteren und evtl. besser bekannten Child-Pugh-Score korreliert ist), der FIB-4, der AST to platelet ratio index (APRI) und der NAFLD-Fibrosis Score (NFS). Nur der NFS wurde für Patienten entwickelt, die keine Virushepatitis, sondern „nur“ eine diagnostizierte Fettlebererkrankung haben. Er wird wie folgt berechnet:

Ein NFS von < -1,455 zeigt keine bis maximal moderate Fibrose an, liegt der Wert über 0,675 hat der Betroffene wahrscheinlich eine ausgeprägte Fibrose oder eine Zirrhose. Liegt der Score dazwischen, lässt er keine Einstufung zu.

Keiner der Scores konnte die Einstufung „moderate Übereinstimmung“ erreichen. Zwischen einer therapierelevanten Lebererkrankung und dem MELD sowie dem FIB-4 gab es eine mäßige („fair“) Korrelation, zwischen der Lebererkrankung und dem NFS bzw. dem APRI war die Korrelation schwach („slight“). Keiner der Scores war auf der untersten Stufe („poor“) korreliert.

Weitere Tests

Weitere einfache Scores aus Routinelaborwerten sind hier aufgeführt (Richtigkeit oder Vollständigkeit wurden für diesen Artikel nicht überprüft.)

Fazit

FIB-4 und MELD können einen schwachen Anhaltspunkt dafür liefern, ob ein Patient eine Leberfibrose aufweist, die bei der Auswahl und Dosierung von Wirkstoffen berücksichtigt werden sollte. Ob Patienten bessere Therapieergebnisse haben, wenn einer der Scores zur Therapieplanung eingesetzt wird, müsste in einem RCT untersucht werden.

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Quellen

[1] Huttman M et al.: Liver fibrosis stage based on the four factors (FIB-4) score or Forns index in adults with chronic hepatitis C. Cochrane Database Syst Rev. 2024 Aug 13;8(8):CD011929

[2] Sterling RK et al.: APRICOT Clinical Investigators. Development of a simple noninvasive index to predict significant fibrosis in patients with HIV/HCV coinfection. Hepatology. 2006 Jun;43(6):1317-25

[3] Forns X et al.: Identification of chronic hepatitis C patients without hepatic fibrosis by a simple predictive model. Hepatology. 2002 Oct;36(4 Pt 1):986-92

[4] Golla K et al.: Hepatic Impairment as a Risk Factor for Drug Safety: Suitability and Comparison of Four Liver Scores as Screening Tools. J Clin Med. 2023 Oct 27;12(21):6814

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