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Medikamentenboxen – was darf rein?

© Towfiqu Barbhuiya | pexels

Medikamentenboxen helfen beim Überblick über Polymedikationen und gegen unbeabsichtigte Non-Adhärenz. Sie ermöglichen auch, dass jemand anders die Tabletten und Kapseln für den Patienten stellt, wenn dieser wegen eingeschränkter Kognition, Sehfähigkeit oder wegen mangelndem manuellen Geschick dazu nicht (mehr) in der Lage ist.

Einer der Nachteile ist nach dem Ausblistern allerdings die Exposition der Tabletten, Kapseln und Dragees gegenüber Luft, Feuchtigkeit und Licht. Nicht alle Arzneimittel sind unter diesen Bedingungen lange genug – typischerweise eine Woche – stabil.

Was passieren kann

Brausetabletten nehmen Feuchtigkeit aus der Luft auf und beginnen zu zerfallen. Buccal- und Sublingualtabletten und -filme sind dafür gemacht, mit wenig Feuchtigkeit schnell zu zerfallen – das geschieht u.U. auch in der Dosette. Die Aufnahme von Feuchtigkeit geschieht auch, wenn der Wirkstoff hygroskopisch ist, z.B. bei Natriumvalproat. Andere Wirkstoffe, z.B. Furosemid und Nifedipin sind sehr lichtempfindlich und daher v.a. nicht für Dosetten mit transparentem Deckel geeignet. In Ciclosporin-Weichkapseln ist Ethanol enthalten, um die Löslichkeit des Immunsuppressivums zu gewährleisten. Nach dem Ausblistern verdampft er mit der Zeit.

Ungeeignet ist wochenweises Stellen auch für Bedarfsmedikamente, Arzneimittel, für die sich die Dosierung häufig ändert oder deren Anwendung von bestimmten Bedingungen (z.B. der Höhe des Blutdrucks oder der Herzfrequenz) abhängig gemacht wird.

Bei CMR-Stoffen ist andererseits das Expositions- und Kontaminationsrisiko zu berücksichtigen. Falls sie in Dosetten gestellt werden müssen, sollten sie in eine separate Box gefüllt werden, die eine entsprechende Kennzeichnung erhält.

Damit es nicht zum Wirkungsverlust oder zu unerwünschten Wirkungen kommt, sollten manche Arzneimittel also besser in der Primärverpackung bleiben. Einen Überblick über die Grundsätze gibt die folgende Liste.

für Medikamentenboxen in der Regel nicht geeignete Arzneimittel [1,2]

  • Arzneimittel, die nach Bedarf oder in variabler Dosierung verabreicht werden
  • Arzneimittel, die nicht in fester oraler Darreichungsform erhältlich sind
  • Arzneimittel, die durch Licht, Luft oder Feuchtigkeit instabil werden, z. B. aufgrund von sprudelnden, dispergierbaren oder hygroskopischen Eigenschaften (also Brause-, Bukkal-, Sublingual- und Schmelztabletten)
  • Arzneimittel mit lichtempfindlichen Wirkstoffen (z.B. Furosemid, Nifedipin, Tamoxifen)
  • Arzneimittel, die im Kühlschrank aufbewahrt werden müssen (z.B. Bromelain)
  • Arzneimittel, die Wasser aus der Luft aufnehmen (z.B. Alfacalcidol, Baclofen, Cabergolin, Dabigatran, Na-Valproat, Oxybutynin, Venlafaxin, Arzneimittel, die in Braunglasflaschen mit Trockenmittel verpackt sind, z.B. manche Levodopa-Präparate)
  • Ciclosporin-Weichkapseln (der für die Löslichkeit benötigte, in den Kapseln enthaltene Ethanol entweicht)
  • Arzneimittel mit besonderen Abständen zu Mahlzeiten (z. B. Einnahme auf nüchternen Magen – PPI, L-Thyroxin), es sei denn, dafür sind noch Extrafächer übrig
  • Arzneimittel mit besonderen Einnahmemodalitäten (z.B. Bisphosphonate)
  • Zytotoxische Präparate oder generell kanzerogene, mutagene oder reproduktionstoxische Arzneimittel (es sei denn, die Vorteile einer verbesserten Therapietreue überwiegen das erhöhte Expositionsrisiko durch das Stellen).

Eine umfangreiche Übersicht von Wirkstoffen mit Angaben zur Haltbarkeit in Medikamentenboxen findet sich bei Church et al. [3]. Und der Specialist Pharmacy Service des NHS erstellt eine Datenbank – zu der geht es hier entlang.

Die Entscheidung zugunsten der Stabilität hat allerdings zur Folge, dass Patienten u.U. mit zwei Systemen parallel umgehen müssen und vielleicht mehr Fehler machen. Hier müssen Arzneimittelsicherheit und Arzneimitteltherapiesicherheit gegeneinander abgewogen werden.

Online-Seminare zum Thema

Um die Arzneimitteltherapiesicherheit und unerwünschte Arzneimittelwirkungen geht es auch in den gleichnamigen Seminaren.

Das Seminar „Arzneimitteltherapiesicherheit“ bringt vier wichtige Themen unter ein Dach: das Erkennen, Bewerten und Lösen arzneimittelbezogener Probleme, die Erläuterung zur Anwendung beratungsintensiver Arzneiformen, die Förderung der Therapietreue sowie die Medikationsanalyse / das Medikationsmanagement.

Im Seminar „Unerwünschte Arzneimittelwirkungen“ geht es um Nebenwirkungen und Medikationsfehler, die Beratung zu diesem sensiblen Thema, Patienten und Wirkstoffe mit erhöhtem Risiko, Kausalität und Pharmakovigilanz.

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Literatur

[1] Etty-Leal, M.G. et al.: The role of dose administration aids in medication management for older people. J Pharm Pract Res 2017; 47:241-247

[2] Elliott RA: Appropriate use of dose administration aids. Aust Prescr 2014;37:46–50

[3] Church C et al.: How stable are medicines moved from original packs into compliance aids? Pharm J 2006; 276:75-81

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